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TeX
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\chapter{Spiketrainanalyse}
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Die zeitliche Abfolge von Aktionspotentialen, die ein Neuron generiert
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enth\"alt die Information \"uber den Stimulus, die das Neuron
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codiert. Aus der Analyse dieser Aktionspotentialfolgen oder,
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kompakter, Spiketrains k\"onnen wir herausfinden welche Aspekte des
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Stimulus codiert wird und somit nachfolgenden Verarbeitungsschritten
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zur Verf\"ugung steht.
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Im elektrophysiologischen Experiment werden h\"aufig nur die
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Zeitpunkte registriert an denen Aktionspotentiale, Spikes,
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auftraten. Die Neuronale Aktivit\"at wird mitunter als Punktprozess
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aufgefasst. Erstaunlicherweise lassen sich die Spiketrains mancher
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kortikaler Neurone sehr gut durch ratenmodulierte Poissonprozesse
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modellieren.
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Die Analyse von Spiketrains beinhaltet demnach einige der Methoden,
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die auch f\"r die Beschreibung von Punktprozessen angewandt
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werden. Dar\"uber hinaus wird versucht die Beziehung zwischen der
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zeitabh\"aengigen neuronalen Antwort und dem zugrundeliegenden
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Stimulus zu analysieren.
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\section{Darstellung der zeitabh\"angigen Feuerrate}
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Eine klassische Darstellung zeitabh\"angiger neuronaler Aktivit\"at
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ist das sogenannte Peri Stimulus Zeithistogramm (peri stimulus time
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histogram, PSTH). Es wird der zeitliche Verlauf der Feuerrate $r(t)$
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dargestellt. Die Einheit der Feuerrate ist Hertz, das heisst, die
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Anzahl Aktionspotentiale pro Sekunde. Dabei gibt es verschiedene
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Methoden diese zu bestimmen. Drei solcher Methoden sind in Abbildung
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\ref{psthfig} dargestellt.
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\begin{figure}
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\includegraphics[width=\columnwidth]{psth_comparison}
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\caption{\textbf{Verschiedene Methoden das PSTH zu bestimmen. A)}
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Rasterplot einer einzelnen neuronalen Antwort. Jeder vertikale
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Strich notiert den Zeitpunkt eines Aktionspotentials. \textbf{B)}
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PSTH aus der instantanen Feuerrate bestimmt. \textbf{C)} PSTH mit
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der Binning Methode. \textbf{D)} Feuerrate durch Faltung mit einem
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Gauss Kern bestimmt.}\label{psthfig}
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\end{figure}
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\paragraph{Instantane Feuerrate}
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Ein sehr einfacher Weg, die zeitabh\"angige Feuerrate zu bestimmen ist
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die sogenannte \textit{instantane Feuerrate}. Dabie wird die Feuerrate
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aus dem Kehrwert des \textit{Interspike Intervalls}, der Zeit zwischen
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zwei aufeinanderfolgender Aktionspotentiale, bestimmt. Die
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abgesch\"atzte Feuerrate ist g\"ultig f\"ur das gesammte Interspike
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Intervall. Sie ist sehr einfach zu berechnen und hat den Vorteil keine
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Annahme \"uber eine relevante Zeitskala (der codierung oder des
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Auslesemechanismus der postsynaptischen Zelle) zu machen. $r(t)$ ist
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keine kontinuierliche Funktion, die Spr\"unge in der Feuerrate können f\"ur
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manche Analysen nachteilig sein.
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\paragraph{Binning Methode}
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Bei der Binning Methode wird die Zeitachse in gleichm\"aßige Abschnitte
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(Bins) eingeteilt und die Anzahl Aktionspotentiale, die in die
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jeweiligen Bins fallen gez\"ahlt. Um diese Z\"ahlungen in die Feuerrate
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umzurechnen muss noch mit der Binweite normiert werden. \textbf{Tipp:}
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Um die Anzahl Spikes pro Bin zu berechnen kann die \code{hist}
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Funktion benutzt werden. Das so berechnete PSTH hat wiederum eine
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stufige Form, die von der Wahl der Binweite anh\"angt. Die Binweite
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bestimmt die zeitliche Auflösung mit der Darstellung. \"Anderungen in
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der Feuerrate, die innerhalb eines Bins vorkommen koennen nicht
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aufglöst werden. Die Wahl der Binweite stellt somit eine Annahme \"uber
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die relevante Zeitskala der Verarbeitung dar. Auch hier ist $r(t)$
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keine koninuierliche Funktion.
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\paragraph{Faltungsmethode}
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Bei der Faltungsmethode geht man anders vor. Die Aktionspotentialfolge
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wird ``bin\"ar'' dargestellt. Eine Antwort wird als Vektor dargestellt,
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in dem die Zeitpunkte der Aktionspotentiale als 1 notiert werden. Alle
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anderen Elemente des Vektors sind 0. Anschlie{\ss}end wir dieser
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bin\"are Spiketrain mit einem Gausskern bestimmter Breite gefaltet.
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\[r(t) = \int_{-\infty}^{\infty}d\tau \omega(\tau)\rho(t-\tau) \],
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wobei $\omega(\tau)$ der Filterkern und $\rho(t)$ die bin\"are Antwort
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ist. Bildlich geprochen wird jede 1 in $rho(t)$ durch den Filterkern
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ersetzt. Die Faltungsmethode f\"uhrt, anders als die anderen Methoden,
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zu einer kontinuierlichen Funktion was f\"ur spektrale Analysen von
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Vorteil sein kann. Die Wahl der Kernbreite bestimmt, \"ahnlich zur
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Binweite, die zeitliche Aufl\"osung von $r(t)$. Man macht eine Annahme
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\"uber die relevante Zeitskala.
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\section{Spike triggered Average}
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Die graphischer Darstellung der Feuerrate reicht nicht aus um den
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Zusammenhang zwischen neuronaler Antwort und einem Stimulus zu
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analysieren. Eine Methode mehr \"uber diesen zu erfahren ist der
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Spike triggered average (STA). Der STA ist der mittlere Stimulus, der
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zu einem Aktionspotential in der neuronalen Antwort f\"uhrt.
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\begin{equation}
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STA(\tau) = \frac{1}{\langle n \rangle} \left\langle \displaystyle\sum_{i=1}^{n}{s(t_i - \tau)} \right\rangle
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\end{equation}
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Der STA l\"a{\ss}t sich relativ einfach berechnen, indem aus dem
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Stimulus f\"ur jeden beobachteten Spike ein entsprechender Abschnitt
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ausgeschnitten wird und diese dann mittelt (Abbildung
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\ref{stafig}).
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\begin{figure}
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\includegraphics[width=0.5\columnwidth]{sta}
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\caption{\textbf{Spike Triggered Average eines P-Typ
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Elektrorezeptors.} Der Rezeptor wurde mit einem ``white-noise''
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Stimulus getrieben. Zeitpunkt 0 ist der Zeitpunkt des beobachteten
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Aktionspotentials.}\label{stafig}
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\end{figure}
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Aus dem STA k\"onnen verschiedene Informationen \"uber den
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Zusammenhang zwischen Stimulus und neuronaler Antwort gewonnen
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werden. Die Breite des STA repr\"asentiert die zeitliche Pr\"azision,
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mit der Stimulus und Antwort zusammenh\"angen und wie weit das neuron
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zeitlich integriert. Die Amplitude des STA (gegeben in der gleichen
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Einheit, wie der Stimulus) deutet auf die Empfindlichkeit des Neurons
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bez\"uglich des Stimulus hin. Eine hohe Amplitude besagt, dass es
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einen starken Stimulus ben\"otigt um ein Aktionspotential
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hervorzurufen. Aus dem zeitlichen Versatz des STA kann die Zeit
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abgelesen werden, die das System braucht um auf den Stimulus zu
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antworten.
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Der STA kann auch dazu benutzt werden, aus den Antworten der Zelle den
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Stimulus zu rekonstruieren (Abbildung
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\ref{reverse_reconstruct_fig}). Bei der \textit{invertierten
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Rekonstruktion} wird die Zellantwort mit dem STA gefaltet.
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\begin{figure}
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\includegraphics[width=\columnwidth]{reconstruction}
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\caption{\textbf{Rekonstruktion des Stimulus mittels STA.} Die
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Zellantwort wird mit dem STA gefaltet um eine Rekonstruktion des
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Stimulus zu erhalten.}\label{reverse_reconstruct_fig}
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\end{figure}
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