diff --git a/pointprocesses/lecture/pointprocesses_de.tex b/pointprocesses/lecture/pointprocesses_de.tex new file mode 100644 index 0000000..4b0850f --- /dev/null +++ b/pointprocesses/lecture/pointprocesses_de.tex @@ -0,0 +1,515 @@ +%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% +%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% +\chapter{Analyse von Spiketrains} + +\selectlanguage{ngerman} + +\determ[Aktionspotential]{Aktionspotentiale} (\enterm{spikes}) sind die Tr\"ager der +Information in Nervensystemen. Dabei ist in erster Linie nur der +Zeitpunkt des Auftretens eines Aktionspotentials von Bedeutung. Die +genaue Form des Aktionspotentials spielt keine oder nur eine +untergeordnete Rolle. + +Nach etwas Vorverarbeitung haben elektrophysiologische Messungen +deshalb Listen von Spikezeitpunkten als Ergebniss --- sogenannte +\enterm{spiketrains}. Diese Messungen k\"onnen wiederholt werden und +es ergeben sich mehrere \enterm{trials} von Spiketrains +(\figref{rasterexamplesfig}). + +Spiketrains sind Zeitpunkte von Ereignissen --- den Aktionspotentialen +--- und deren Analyse f\"allt daher in das Gebiet der Statistik von +sogenannten \determ[Punktprozess]{Punktprozessen}. + +\begin{figure}[ht] + \includegraphics[width=1\textwidth]{rasterexamples} + \titlecaption{\label{rasterexamplesfig}Raster-Plot.}{Raster-Plot von + jeweils 10 Realisierungen eines station\"arenen Punktprozesses + (homogener Poisson Prozess mit Rate $\lambda=20$\;Hz, links) und + eines nicht-station\"aren Punktprozesses (perfect + integrate-and-fire Neuron getrieben mit Ohrnstein-Uhlenbeck + Rauschen mit Zeitkonstante $\tau=100$\,ms, rechts). Jeder + vertikale Strich markiert den Zeitpunkt eines Ereignisses. + Jede Zeile zeigt die Ereignisse eines trials.} +\end{figure} + +%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% +\section{Punktprozesse} + +Ein zeitlicher Punktprozess (\enterm{point process}) ist ein +stochastischer Prozess, der eine Abfolge von Ereignissen zu den Zeiten +$\{t_i\}$, $t_i \in \reZ$, generiert. + +\begin{ibox}{Beispiele von Punktprozessen} +Jeder Punktprozess wird durch einen sich in der Zeit kontinuierlich +entwickelnden Prozess generiert. Wann immer dieser Prozess eine +Schwelle \"uberschreitet wird ein Ereigniss des Punktprozesses +erzeugt. Zum Beispiel: +\begin{itemize} +\item Aktionspotentiale/Herzschlag: wird durch die Dynamik des + Membranpotentials eines Neurons/Herzzelle erzeugt. +\item Erdbeben: wird durch die Dynamik des Druckes zwischen + tektonischen Platten auf beiden Seiten einer geologischen Verwerfung + erzeugt. +\item Zeitpunkt eines Grillen/Frosch/Vogelgesangs: wird durch die + Dynamik des Nervensystems und des Muskelapparates erzeugt. +\end{itemize} +\end{ibox} + +\begin{figure}[t] + \texpicture{pointprocessscetch} + \titlecaption{\label{pointprocessscetchfig} Statistik von + Punktprozessen.}{Ein Punktprozess ist eine Abfolge von + Zeitpunkten $t_i$ die auch durch die Intervalle $T_i=t_{i+1}-t_i$ + oder die Anzahl der Ereignisse $n_i$ beschrieben werden kann. } +\end{figure} + +F\"ur die Neurowissenschaften ist die Statistik der Punktprozesse +besonders wichtig, da die Zeitpunkte der Aktionspotentiale als +zeitlicher Punktprozess betrachtet werden k\"onnen und entscheidend +f\"ur die Informations\"ubertragung sind. + +Bei Punktprozessen k\"onnen wir die Zeitpunkte $t_i$ ihres Auftretens, +die Intervalle zwischen diesen Zeitpunkten $T_i=t_{i+1}-t_i$, sowie +die Anzahl der Ereignisse $n_i$ bis zu einer bestimmten Zeit betrachten +(\figref{pointprocessscetchfig}). + +Zwei Punktprozesse mit verschiedenen Eigenschaften sind in +\figref{rasterexamplesfig} als Rasterplot dargestellt, bei dem die +Zeitpunkte der Ereignisse durch senkrechte Striche markiert werden. + + +%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% +\section{Intervallstatistik} + +Die Intervalle $T_i=t_{i+1}-t_i$ zwischen aufeinanderfolgenden +Ereignissen sind reelle, positive Zahlen. Bei Aktionspotentialen +heisen die Intervalle auch \determ{Interspikeintervalle} +(\enterm{interspike intervals}). Deren Statistik kann mit den +\"ublichen Gr\"o{\ss}en beschrieben werden. + +\begin{figure}[t] + \includegraphics[width=0.96\textwidth]{isihexamples}\vspace{-2ex} + \titlecaption{\label{isihexamplesfig}Interspikeintervall Histogramme}{der in + \figref{rasterexamplesfig} gezeigten Spikes.} +\end{figure} + +\begin{exercise}{isis.m}{} + Schreibe eine Funktion \code{isis()}, die aus mehreren trials von Spiketrains die + Interspikeintervalle bestimmt und diese in einem Vektor + zur\"uckgibt. Jeder trial der Spiketrains ist ein Vektor mit den + Spikezeiten gegeben in Sekunden als Element in einem \codeterm{cell-array}. +\end{exercise} + +\subsection{Intervallstatistik erster Ordnung} +\begin{itemize} +\item Wahrscheinlichkeitsdichte $p(T)$ der Intervalle $T$ + (\figref{isihexamplesfig}). Normiert auf $\int_0^{\infty} p(T) \; dT + = 1$. +\item Mittleres Intervall: $\mu_{ISI} = \langle T \rangle = + \frac{1}{n}\sum\limits_{i=1}^n T_i$. +\item Standardabweichung der Intervalle: $\sigma_{ISI} = \sqrt{\langle (T - \langle T + \rangle)^2 \rangle}$\vspace{1ex} +\item \determ{Variationskoeffizient} (\enterm{coefficient of variation}): $CV_{ISI} = + \frac{\sigma_{ISI}}{\mu_{ISI}}$. +\item \determ{Diffusionskoeffizient} (\enterm{diffusion coefficient}): $D_{ISI} = + \frac{\sigma_{ISI}^2}{2\mu_{ISI}^3}$. +\end{itemize} + +\begin{exercise}{isihist.m}{} + Schreibe eine Funktion \code{isiHist()}, die einen Vektor mit Interspikeintervallen + entgegennimmt und daraus ein normiertes Histogramm der Interspikeintervalle + berechnet. +\end{exercise} + +\begin{exercise}{plotisihist.m}{} + Schreibe eine Funktion, die die Histogrammdaten der Funktion + \code{isiHist()} entgegennimmt, um das Histogramm zu plotten. Im + Plot sollen die Interspikeintervalle in Millisekunden aufgetragen + werden. Das Histogramm soll zus\"atzlich mit Mittelwert, + Standardabweichung und Variationskoeffizient der + Interspikeintervalle annotiert werden. +\end{exercise} + +\subsection{Korrelationen der Intervalle} +In \enterm{return maps} werden die um das \enterm{lag} $k$ verz\"ogerten +Intervalle $T_{i+k}$ gegen die Intervalle $T_i$ geplottet. Dies macht +m\"ogliche Abh\"angigkeiten von aufeinanderfolgenden Intervallen +sichtbar. + +\begin{figure}[t] + \includegraphics[width=1\textwidth]{returnmapexamples} + \includegraphics[width=1\textwidth]{serialcorrexamples} + \titlecaption{\label{returnmapfig}Interspikeintervall return maps und + serielle Korrelationen}{zwischen aufeinander folgenden Intervallen + im Abstand des Lags $k$.} +\end{figure} + +Solche Ab\"angigkeiten werden durch die \determ{serielle + Korrelationen} (\enterm{serial correlations}) der Intervalle +quantifiziert. Das ist der \determ{Korrelationskoeffizient} zwischen +aufeinander folgenden Intervallen getrennt durch lag $k$: +\[ \rho_k = \frac{\langle (T_{i+k} - \langle T \rangle)(T_i - \langle T \rangle) \rangle}{\langle (T_i - \langle T \rangle)^2\rangle} = \frac{{\rm cov}(T_{i+k}, T_i)}{{\rm var}(T_i)} += {\rm corr}(T_{i+k}, T_i) \] +\"Ublicherweise wird die Korrelation $\rho_k$ gegen den Lag $k$ +aufgetragen (\figref{returnmapfig}). $\rho_0=1$ (Korrelation jedes +Intervalls mit sich selber). + +\begin{exercise}{isiserialcorr.m}{} + Schreibe eine Funktion \code{isiserialcorr()}, die einen Vektor mit Interspikeintervallen + entgegennimmt und daraus die seriellen Korrelationen berechnet und plottet. + \pagebreak[4] +\end{exercise} + + +%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% +\section{Z\"ahlstatistik} + +% \begin{figure}[t] +% \includegraphics[width=0.48\textwidth]{poissoncounthist100hz10ms}\hfill +% \includegraphics[width=0.48\textwidth]{poissoncounthist100hz100ms} +% \titlecaption{\label{countstatsfig}Count Statistik.}{} +% \end{figure} + +Die Anzahl der Ereignisse $n_i$ in Zeifenstern $i$ der +L\"ange $W$ ergeben ganzzahlige, positive Zufallsvariablen, die meist +durch folgende Sch\"atzer charakterisiert werden: +\begin{itemize} +\item Histogramm der counts $n_i$. +\item Mittlere Anzahl von Ereignissen: $\mu_N = \langle n \rangle$. +\item Varianz der Anzahl: $\sigma_n^2 = \langle (n - \langle n \rangle)^2 \rangle$. +\item \determ{Fano Faktor} (Varianz geteilt durch Mittelwert): $F = \frac{\sigma_n^2}{\mu_n}$. +\end{itemize} +Insbesondere ist die mittlere Rate der Ereignisse $r$ (Spikes pro +Zeit, \determ{Feuerrate}) gemessen in Hertz \sindex[term]{Feuerrate!mittlere Rate} +\begin{equation} + \label{firingrate} + r = \frac{\langle n \rangle}{W} \; . +\end{equation} + +% \begin{figure}[t] +% \begin{minipage}[t]{0.49\textwidth} +% Poisson process $\lambda=100$\,Hz:\\ +% \includegraphics[width=1\textwidth]{poissonfano100hz} +% \end{minipage} +% \hfill +% \begin{minipage}[t]{0.49\textwidth} +% LIF $I=10$, $\tau_{adapt}=100$\,ms:\\ +% \includegraphics[width=1\textwidth]{lifadaptfano10-100ms} +% \end{minipage} +% \titlecaption{\label{fanofig}Fano factor.}{} +% \end{figure} + +\begin{exercise}{counthist.m}{} + Schreibe eine Funktion \code{counthist()}, die aus mehreren trials + von Spiketrains die Verteilung der Anzahl der Spikes in Fenstern + einer der Funktion \"ubergegebenen Breite bestimmt, das Histogramm + plottet und zur\"uckgibt. Jeder trial der Spiketrains ist ein Vektor + mit den Spikezeiten gegeben in Sekunden als Element in einem + \codeterm{cell-array}. +\end{exercise} + + +%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% +\section{Homogener Poisson Prozess} +F\"ur kontinuierliche Me{\ss}gr\"o{\ss}en ist die Normalverteilung +u.a. wegen dem Zentralen Grenzwertsatz die Standardverteilung. Eine +\"ahnliche Rolle spielt bei Punktprozessen der \determ{Poisson + Prozess}. + +Beim \determ[Poisson Prozess!homogener]{homogenen Poisson Prozess} +treten Ereignisse mit einer festen Rate $\lambda=\text{const.}$ auf +und sind unabh\"angig von der Zeit $t$ und unabh\"angig von den +Zeitpunkten fr\"uherer Ereignisse (\figref{hompoissonfig}). Die +Wahrscheinlichkeit zu irgendeiner Zeit ein Ereigniss in einem kleinen +Zeitfenster der Breite $\Delta t$ zu bekommen ist +\begin{equation} + \label{hompoissonprob} + P = \lambda \cdot \Delta t \; . +\end{equation} +Beim \determ[Poisson Prozess!inhomogener]{inhomogenen Poisson Prozess} +h\"angt die Rate $\lambda$ von der Zeit ab: $\lambda = \lambda(t)$. + +\begin{exercise}{poissonspikes.m}{} + Schreibe eine Funktion \code{poissonspikes()}, die die Spikezeiten + eines homogenen Poisson-Prozesses mit gegebener Rate in Hertz f\"ur + eine Anzahl von trials gegebener maximaler L\"ange in Sekunden in + einem \codeterm{cell-array} zur\"uckgibt. Benutze \eqnref{hompoissonprob} + um die Spikezeiten zu bestimmen. +\end{exercise} + +\begin{figure}[t] + \includegraphics[width=1\textwidth]{poissonraster100hz} + \titlecaption{\label{hompoissonfig}Rasterplot von Spikes eines homogenen + Poisson Prozesses mit $\lambda=100$\,Hz.}{} +\end{figure} + +\begin{figure}[t] + \includegraphics[width=0.45\textwidth]{poissonisihexp20hz}\hfill + \includegraphics[width=0.45\textwidth]{poissonisihexp100hz} + \titlecaption{\label{hompoissonisihfig}Interspikeintervallverteilungen + zweier Poissonprozesse.}{} +\end{figure} + +Der homogene Poissonprozess hat folgende Eigenschaften: +\begin{itemize} +\item Die Intervalle $T$ sind exponentiell verteilt (\figref{hompoissonisihfig}): + \begin{equation} + \label{poissonintervals} + p(T) = \lambda e^{-\lambda T} \; . + \end{equation} +\item Das mittlere Intervall ist $\mu_{ISI} = \frac{1}{\lambda}$ . +\item Die Varianz der Intervalle ist $\sigma_{ISI}^2 = \frac{1}{\lambda^2}$ . +\item Der Variationskoeffizient ist also immer $CV_{ISI} = 1$ . +\item Die \determ[serielle Korrelationen]{seriellen Korrelationen} + $\rho_k =0$ f\"ur $k>0$, da das Auftreten der Ereignisse + unabh\"angig von der Vorgeschichte ist. Ein solcher Prozess wird + auch \determ{Erneuerungsprozess} genannt (\enterm{renewal process}). +\item Die Anzahl der Ereignisse $k$ innerhalb eines Fensters der + L\"ange W ist \determ[Poisson-Verteilung]{Poissonverteilt}: +\[ P(k) = \frac{(\lambda W)^ke^{\lambda W}}{k!} \] + (\figref{hompoissoncountfig}) +\item Der \determ{Fano Faktor} ist immer $F=1$ . +\end{itemize} + +\begin{exercise}{hompoissonspikes.m}{} + Schreibe eine Funktion \code{hompoissonspikes()}, die die Spikezeiten + eines homogenen Poisson-Prozesses mit gegebener Rate in Hertz f\"ur + eine Anzahl von trials gegebener maximaler L\"ange in Sekunden in + einem \codeterm{cell-array} zur\"uckgibt. Benutze die exponentiell-verteilten + Interspikeintervalle \eqnref{poissonintervals}, um die Spikezeiten zu erzeugen. +\end{exercise} + +\begin{figure}[t] + \includegraphics[width=0.48\textwidth]{poissoncounthistdist100hz10ms}\hfill + \includegraphics[width=0.48\textwidth]{poissoncounthistdist100hz100ms} + \titlecaption{\label{hompoissoncountfig}Z\"ahlstatistik von Poisson Spikes.}{} +\end{figure} + + +%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%%% +\section{Zeitabh\"angige Feuerraten} + +Bisher haben wir station\"are Spiketrains betrachtet, deren Statistik +sich innerhalb der Analysezeit nicht ver\"andert (station\"are +Punktprozesse). Meistens jedoch \"andert sich die Statistik der +Spiketrains eines Neurons mit der Zeit. Z.B. kann ein sensorisches +Neuron auf einen Reiz hin mit einer erh\"ohten Feuerrate antworten +(nichtstation\"arer Punktprozess). + +Wie die mittlere Anzahl der Spikes sich mit der Zeit ver\"andert, die +\determ{Feuerrate} $r(t)$, ist die wichtigste Gr\"o{\ss}e bei +nicht-station\"aren Spiketrains. Die Einheit der Feuerrate ist Hertz, +also Anzahl Aktionspotentiale pro Sekunde. Es gibt verschiedene +Methoden diese zu bestimmen. Drei solcher Methoden sind in Abbildung +\ref{psthfig} dargestellt. Alle Methoden haben ihre Berechtigung und +ihre Vor- und Nachteile. Im folgenden werden die drei Methoden aus +Abbildung \ref{psthfig} n\"aher erl\"autert. + +\begin{figure}[tp] + \includegraphics[width=\columnwidth]{firingrates} + \titlecaption{Bestimmung der zeitabh\"angigen + Feuerrate.}{\textbf{A)} Rasterplot eines Spiketrains. \textbf{B)} + Feurerrate aus der instantanen Feuerrate bestimmt. \textbf{C)} + klassisches PSTH mit der Binning Methode. \textbf{D)} Feuerrate + durch Faltung mit einem Gauss Kern bestimmt.}\label{psthfig} +\end{figure} + + +\subsection{Instantane Feuerrate} + +\begin{figure}[tp] + \includegraphics[width=\columnwidth]{isimethod} + \titlecaption{Instantane Feuerrate.}{Skizze eines Spiketrains + (oben). Die Pfeile zwischen aufeinanderfolgenden + Aktionspotentialen mit den Zahlen in Millisekunden illustrieren + die Interspikeintervalle. Der Kehrwert des Interspikeintervalle + ergibt die instantane Feuerrate.}\label{instrate} +\end{figure} + +Ein sehr einfacher Weg, die zeitabh\"angige Feuerrate zu bestimmen ist +die sogenannte \determ[Feuerrate!instantane]{instantane Feuerrate} +(\enterm[firing rate!instantaneous]{instantaneous firing rate}). Dabei +wird die Feuerrate aus dem Kehrwert der Interspikeintervalle, der Zeit +zwischen zwei aufeinander folgenden Aktionspotentialen +(\figref{instrate} A), bestimmt. Die abgesch\"atzte Feuerrate +(\figref{instrate} B) ist g\"ultig f\"ur das gesammte +Interspikeintervall. Diese Methode hat den Vorteil, dass sie sehr +einfach zu berechnen ist und keine Annahme \"uber eine relevante +Zeitskala (der Kodierung oder des Auslesemechanismus der +postsynaptischen Zelle) macht. $r(t)$ ist allerdings keine +kontinuierliche Funktion, die Spr\"unge in der Feuerrate k\"onnen +f\"ur manche Analysen nachteilig sein. Au{\ss}erdem wird die Feuerrate +nie gleich Null, auch wenn lange keine Aktionspotentiale generiert +wurden. + +\begin{exercise}{instantaneousRate.m}{} + Implementiere die Absch\"atzung der Feuerrate auf Basis der + instantanen Feuerrate. Plotte die Feuerrate als Funktion der Zeit. +\end{exercise} + + +\subsection{Peri-Stimulus-Zeit-Histogramm} +W\"ahrend die Instantane Rate den Kehrwert der Zeit von einem bis zum +n\"achsten Aktionspotential misst, sch\"atzt das sogenannte +\determ{Peri-Stimulus-Zeit-Histogramm} (\enterm{peri stimulus time + histogram}, \determ[PSTH|see{Peri-Stimulus-Zeit-Histogramm}]{PSTH}) +die Wahrscheinlichkeit ab, zu einem Zeitpunkt Aktionspotentiale +anzutreffen. Es wird versucht die mittlere Rate \eqnref{firingrate} im +Grenzwert kleiner Beobachtungszeiten abzusch\"atzen: +\begin{equation} + \label{psthrate} + r(t) = \lim_{W \to 0} \frac{\langle n \rangle}{W} \; , +\end{equation} +wobei die Anzahl $n$ der Aktionspotentiale, die im Zeitintervall +$(t,t+W)$ aufgetreten sind, \"uber trials gemittelt wird. Eine solche +Rate enspricht der zeitabh\"angigen Rate $\lambda(t)$ des inhomogenen +Poisson-Prozesses. + +Das PSTH \eqnref{psthrate} kann entweder \"uber die Binning-Methode +oder durch Verfaltung mit einem Kern bestimmt werden. Beiden Methoden +gemeinsam ist die Notwendigkeit der Wahl einer zus\"atzlichen Zeitskala, +die der Beobachtungszeit $W$ in \eqnref{psthrate} entspricht. + +\subsubsection{Binning-Methode} + +\begin{figure}[tp] + \includegraphics[width=\columnwidth]{binmethod} + \titlecaption{Bestimmung des PSTH mit der Binning Methode.}{Der + gleiche Spiketrain wie in \figref{instrate}. Die grauen Linien + markieren die Grenzen der Bins und die Zahlen geben die Anzahl der Spikes + in jedem Bin an (oben). Die Feuerrate ergibt sich aus dem + mit der Binbreite normierten Zeithistogramm (unten).}\label{binpsth} +\end{figure} + +Bei der Binning-Methode wird die Zeitachse in gleichm\"aßige +Abschnitte (Bins) eingeteilt und die Anzahl Aktionspotentiale, die in +die jeweiligen Bins fallen, gez\"ahlt (\figref{binpsth} A). Um diese +Z\"ahlungen in die Feuerrate umzurechnen muss noch mit der Binweite +normiert werden. Das ist \"aquivalent zur Absch\"atzung einer +Wahrscheinlichkeitsdichte. Es kann auch die \code{hist()} Funktion zur +Bestimmung des PSTHs verwendet werden. \sindex[term]{Feuerrate!Binningmethode} + +Die bestimmte Feuerrate gilt f\"ur das gesamte Bin (\figref{binpsth} +B). Das so berechnete PSTH hat wiederum eine stufige Form, die von der +Wahl der Binweite anh\"angt. $r(t)$ ist also keine stetige +Funktion. Die Binweite bestimmt die zeitliche Aufl\"osung der +Absch\"atzung. \"Anderungen in der Feuerrate, die innerhalb eines Bins +vorkommen k\"onnen nicht aufgl\"ost werden. Mit der Wahl der Binweite +wird somit eine Annahme \"uber die relevante Zeitskala des Spiketrains +gemacht. + +\pagebreak[4] +\begin{exercise}{binnedRate.m}{} + Implementiere die Absch\"atzung der Feuerrate mit der ``binning'' + Methode. Plotte das PSTH. +\end{exercise} + +\subsubsection{Faltungsmethode} + +\begin{figure}[tp] + \includegraphics[width=\columnwidth]{convmethod} + \titlecaption{Bestimmung des PSTH mit der Faltungsmethode.}{Der + gleiche Spiketrain wie in \figref{instrate}. Bei der Verfaltung + des Spiketrains mit einem Faltungskern wird jeder Spike durch den + Faltungskern ersetzt (oben). Bei korrekter Normierung des + Kerns ergibt sich die Feuerrate direkt aus der \"Uberlagerung der + Kerne.}\label{convrate} +\end{figure} + +Bei der Faltungsmethode werden die harten Kanten der Bins der +Binning-Methode vermieden. Der Spiketrain wird mit einem Kern +verfaltet, d.h. jedes Aktionspotential wird durch den Kern ersetzt. +Zur Berechnung wird die Aktionspotentialfolge zun\"achst +``bin\"ar'' dargestellt. Dabei wird ein Spiketrain als +(Zeit-)Vektor dargestellt, in welchem die Zeitpunkte der +Aktionspotentiale als 1 notiert werden. Alle anderen Elemente des +Vektors sind 0. Anschlie{\ss}end wir dieser bin\"are Spiketrain mit +einem Gau{\ss}-Kern bestimmter Breite verfaltet: + \[r(t) = \int_{-\infty}^{\infty} \omega(\tau) \, \rho(t-\tau) \, {\rm d}\tau \; , \] +wobei $\omega(\tau)$ der Filterkern und $\rho(t)$ die bin\"are Antwort +ist. Bildlich geprochen wird jede 1 in $\rho(t)$ durch den Filterkern +ersetzt (Abbildung \ref{convrate} A). Wenn der Kern richtig normiert +wurde (Integral gleich Eins), ergibt sich die Feuerrate direkt aus der +\"Uberlagerung der Kerne (Abb. \ref{convrate} B). \sindex[term]{Feuerrate!Faltungsmethode} + +Die Faltungsmethode f\"uhrt, anders als die anderen Methoden, zu einer +stetigen Funktion was insbesondere f\"ur spektrale Analysen von +Vorteil sein kann. Die Wahl der Kernbreite bestimmt, \"ahnlich zur +Binweite, die zeitliche Aufl\"osung von $r(t)$. Die Breite des Kerns +macht also auch wieder eine Annahme \"uber die relevante Zeitskala des +Spiketrains. + +\pagebreak[4] +\begin{exercise}{convolutionRate.m}{} + Verwende die Faltungsmethode um die Feuerrate zu bestimmen. Plotte + das Ergebnis. +\end{exercise} + +\section{Spike-triggered Average} +Die graphischer Darstellung der Feuerrate allein reicht nicht aus um +den Zusammenhang zwischen neuronaler Antwort und einem Stimulus zu +analysieren. Eine Methode um mehr \"uber diesen Zusammenhang zu +erfahren, ist der \enterm{spike-triggered average} +(\enterm[STA|see{spike-triggered average}]{STA}). Der STA +\begin{equation} + STA(\tau) = \langle s(t - \tau) \rangle = \frac{1}{N} \sum_{i=1}^{N} s(t_i - \tau) +\end{equation} +der $N$ Aktionspotentiale zu den Zeiten $t_i$ in Anwort auf den +Stimulus $s(t)$ ist der mittlere Stimulus, der zu einem +Aktionspotential in der neuronalen Antwort f\"uhrt. + +Der STA l\"a{\ss}t sich relativ einfach berechnen, indem aus dem +Stimulus f\"ur jeden beobachteten Spike ein entsprechender Abschnitt +ausgeschnitten wird und diese dann gemittelt werde (\figref{stafig}). + +\begin{figure}[t] + \includegraphics[width=\columnwidth]{sta} + \titlecaption{Spike-triggered Average eines P-Typ Elektrorezeptors + und Stimulusrekonstruktion.}{Der STA (links): der Rezeptor + wurde mit einem ``white-noise'' Stimulus getrieben. Zeitpunkt 0 + ist der Zeitpunkt des beobachteten Aktionspotentials. Die Kurve + ergibt sich aus dem gemittelten Stimulus je 50\,ms vor und nach + einem Aktionspotential. Stimulusrekonstruktion mittels + STA (rechts). Die Zellantwort wird mit dem STA gefaltet um eine + Rekonstruktion des Stimulus zu erhalten.}\label{stafig} +\end{figure} + +Aus dem STA k\"onnen verschiedene Informationen \"uber den +Zusammenhang zwischen Stimulus und neuronaler Antwort gewonnen +werden. Die Breite des STA repr\"asentiert die zeitliche Pr\"azision, +mit der Stimulus und Antwort zusammenh\"angen und wie weit das Neuron +zeitlich integriert. Die Amplitude des STA (gegeben in der gleichen +Einheit wie der Stimulus) deutet auf die Empfindlichkeit des Neurons +bez\"uglich des Stimulus hin. Eine hohe Amplitude besagt, dass es +einen starken Stimulus ben\"otigt, um ein Aktionspotential +hervorzurufen. Aus dem zeitlichen Versatz des STA kann die Zeit +abgelesen werden, die das System braucht, um auf den Stimulus zu +antworten. + +Der STA kann auch dazu benutzt werden, aus den Antworten der Zelle den +Stimulus zu rekonstruieren (\figref{stafig} B). Bei der +\determ[invertierte Rekonstruktion]{invertierten Rekonstruktion} wird +die Zellantwort mit dem STA verfaltet. + +\begin{exercise}{spikeTriggeredAverage.m}{} + Implementiere eine Funktion, die den STA ermittelt. Verwende dazu + den Datensatz \file{sta\_data.mat}. Die Funktion sollte folgende + R\"uckgabewerte haben: + \vspace{-1ex} + \begin{itemize} + \setlength{\itemsep}{0ex} + \item den Spike-Triggered-Average. + \item die Standardabweichung der individuellen STAs. + \item die Anzahl Aktionspotentiale, die zur Berechnung des STA verwendet wurden. + \vspace{-2ex} + \end{itemize} +\end{exercise} + +\begin{exercise}{reconstructStimulus.m}{} + Rekonstruiere den Stimulus mithilfe des STA und der Spike + Zeiten. Die Funktion soll Vektor als R\"uckgabewert haben, der + genauso gro{\ss} ist wie der Originalstimulus aus der Datei + \file{sta\_data.mat}. +\end{exercise} + +\selectlanguage{english}